Tag 1, Die Anreise – 05.07.2022
Marion war so nett und verkürzte die Reise für uns, indem sie uns mit dem Unionbus nach Györ fuhr. Um 6:45 Uhr ging die Reise vom Murpark los und wir kamen rechtzeitig am Treffpunkt in Györ an. Der ÖTTV Bus hatte wegen Stau an der Wiener Tangente leider eine Stunde Verspätung. Die schlechte Laune war schnell vergessen und es wurde laut gesungen bis die Energie weg war. Nach weiteren vier Stunden durch Ungarn kam eine gute Stunde Stau an der EU Außengrenze nach Serbien. Belgrad war noch immer fast drei Stunden entfernt, aber mit Jarek Kolodziejczyk war die Fahrt kurzweilig. Nach der Ankunft in der imposanten Park Arena gab es leider keine Zeit zur Erholung, nur noch eine Stunde übrig von unserer Einspielzeit. Wirklich beeindruckend mit welchem Elan sich unsere 16 ÖTTV Spieler dem Einspielen nach der langen Fahrt widmeten. Profis eben, niemand meckerte wegen Hunger oder Müdigkeit, sie wollten unbedingt die Zeit nutzen, um am nächsten Tag gut spielen zu können. Um 18:15 Uhr dann das erste Essen nach dem Frühstück. Die österreichische Delegation wurde leider zum falschen Hotel geführt und musste im serbischen Jahrhundertregen 500 Meter zu Fuß laufen – somit war schon alles nass, aber nicht vor Schweiß, sondern Regen. Nach der Teambesprechung kam der wohlverdiente Schlaf.
Tag 2, Vorrunde Mannschaft – 06.07.2022
Dank der guten Leistungen im Vorjahr von Celine Panholzer und Kiara Segula waren unsere U15 Mädchen heuer in „Level 1“, wo die besten 16 Teams Europas zu finden sind. Mariia und ihre Teamkameradinen Julia Dür, Celine Panholzer, Nina Skerbinz und Kapitän Andreas Hammerschmid wurden in eine der härtesten Gruppen gelost, und jedes Einzel, das wir gewinnen konnten, ist eigentlich als ein Erfolg zu verbuchen. Das Team ist sehr jung und alle dürfen noch ein, zwei oder, wie Mariia, noch drei Jahre in dieser Altersklasse antreten. Nach dem Frühstück wurden die großen Mädchen angefeuert, bevor es zum Einspielen ging. 30 Minuten vor Spielbeginn wurden dann die Schläger bei der Schlägerkontrolle abgegeben. Unsere Gegner aus Portugal kennen wir gut von diversen Lehrgängen und Turnieren und es wurde wie erwartet schwer. Nina begann sehr stark im ersten Satz, aber konnte den Vorsprung nicht nach Hause spielen. Danach hat Mariana Santa Comba ihr Konzept gefunden und Nina kam nicht mehr ins Spiel. Im nächsten Einzel war ein Sieg für Celine möglich, aber diesmal spielte Julia Leal besser und gewann 3:1. Das Doppel durfte Mariia gemeinsam mit Julia Dür spielen und sie konnten ihre Gegnerinnen Julia Leal und Beatriz Pinto (beide haben Medaillen im Einzel bei der U13 EM gemacht) knapp mit 12:10 im Entscheidungssatz für sich entscheiden. Julia und Mariia machten beide viele Fehler, aber machten im Endeffekt die wichtigen zwei Punkte mehr als ihre Gegner dank ihres Kampfgeistes und Siegeswillen. Im „Einser-Duell“ konnte Celine den ersten Satz gewinnen, aber danach war Mariana Santa Comba spielbestimmend und fixierte den 3:1 Sieg für Portugal. Nichtsdestotrotz war es ein guter EM Auftakt in harter Konkurrenz. Nach einem langen Tag in der Halle hätte das zweite Spiel um 19:40 Uhr [Anmerkung: Iin der Steiermark darf kein Meisterschaftsspiel nach 19:00 Uhr beginnen] beginnen sollen. Die Begegnung davor dauerte aber länger und der erste Ball gegen die Ukraine wurde erst um 20:15 Uhr gespielt. Celine startete sehr stark und konnte das Spiel gegen Daria Kovalova 3:1 gewinnen. Die zweite Spielerin hatten wir nicht so richtig auf den Schirm und sie hat leider Nina in drei knappen Sätzen geschlagen. Das Doppel durften wieder Julia und Mariia spielen, aber diesmal waren sie nicht mutig genug in der Endphase und verloren den Entscheidungssatz. Celine verlor leider auch drei knappe Sätze gegen Ponko und somit war die Begegnung gegen die Ukraine mit noch einer 3:1 Niederlage um 21:30 Uhr vorbei.Â
Tag 3, Vorrunde Mannschaft – 07.07.2022
Das letzte Spiel in der Vorrunde war gegen Deutschland und diesmal wurden die Rollen getauscht, Mariia und Julia durften die Einzel spielen, während Nina und Celine das Doppel spielten. Julia konnte mit Eireen Kalaitzidou gut mithalten, gewann aber keinen Satz. Mariia spielte zu hektisch und zu schnell und kam nur im letzten Satz in die Nähe eines Satzgewinnes. Deutschlands Nummer Eins in U15, Lorena Morsch war eine Nummer zu groß. Nina und Celine konnten einen Satz im Doppel gewinnen, aber besiegelten die Niederlage mit 0:3 und den letzten Platz in der Gruppe.
Tag 4, Entscheidungsspiel für die Achtelfinale – 08.07.2022
Als Gruppenletzter einer „Level 1“ Gruppe spielt man ein Qualifikationsspiel gegen einen Gruppensieger aus „Level 2“ um den Achtelfinal-Einzug. Wir wurden Israel zugelost und kannten nur Elinor Davidov, die schon einmal gegen Celine verloren hat. Wegen ihrer Nervenstärke bekam Julia Dür die Hauptverantwortung und durfte Einzel und Doppel spielen. Im ersten Spiel spielte sie mit zu wenig Druck, um Davidov zur gefährden – 0:3. Celine war anfangs verunsichert, da sich der Belag ihres Schlägers gelöst hatte und sie mit ihrem Ersatzschläger spielen musste. Ab dem dritten Satz vertraute sie auf ihr Material und konnte das Spiel ohne Probleme mit 3:1 gewinnen. Julia und Mariia wurden wieder im Doppel aufgestellt, gerieten aber mit 1:0 und 2:1 in Rückstand, bevor sie die letzten beiden Sätze mit 11:4 gewinnen konnten. Somit war Österreich zum ersten Mal in Führung in einem Mannschaftsspiel und das Achtelfinale rückte näher. Celine verlor diesmal leider gegen Davidov ganz klar mit 3:0 und Julia musste das Entscheidungsspiel beim Stand von 2:2 spielen. Sie hat wie immer 100 Prozent gegeben und kämpfte heroisch bis zum Schluß, mit ein wenig Glück im ersten Satz, der 14:12 verloren ging, wäre es ein 3:0 Sieg für Julia geworden. Dieses Glück hat gefehlt und im fünften Satz kam noch das Pech dazu und mit 9:11 war die Niederlage leider besiegelt. Die Mädchen waren sehr enttäuscht, sie sind alle noch jung, aber wollten heuer zumindest den Klassenerhalt in Level 1 schaffen. Julia, die die Hauptverantwortung bekommen hatte, war trotz Sieg im Doppel todunglücklich und Schuldgefühle über den nicht erreichten Achtelfinaleinzug begleiteten sie leider während der ganzen EM. Kein Grund dazu, sie hat alles gegeben und vorbildlich bis zum Schluß gekämpft. Mariia hatte schon bei der Anreise ein wenig gehustet, aber in diesem Match war der Husten bereits stärker.
Tag 5, Spiele um Platz 17-24,
Gegen Azerbaijan war Mariia schon sichtlich verkühlt, aber durfte erneut Doppel mit Julia spielen. Marziyya Nurmatova spielte fünf Sätze lang auf Augenhöhe mit Celine, aber Celine konnte das Spiel für sich entscheiden. Arzu Aslanova verlor sowohl gegen Nina, als auch das Doppel mit dem genau gleichen Ergebnis in jedem Satz, 11-3, 11-7, 11-13 und 11-7 aus österreichischer Sicht, und endlich ein Sieg für Team Österreich. Die anderen Mädchen trainierten am Nachmittag, während Mariia mit Halsweh und leichtem Fieber den restlichen Tag im Bett verbringen durfte.
Tag 6, Spiele um Platz 17-20,
Mariia war beim Frühstück dabei und probierte sich einzuspielen, aber nach nur wenigen Bällen war klar, dass sie nicht spielen konnte. Sie hatte hohes Fieber, hustete sogar während der Ballwechsel und begab sich schnell ins Bett. Kapitän Hammerschmid war beunruhigt, erstens musste er auf sein erfolgreiches Doppel verzichten und zweitens müsste er Nina so aufstellen, dass sie das Entscheidungsspiel hat, um zu vermeiden, dass sie drei Spiele in Folge bestreiten muss. Trotzdem begann das Spiel gegen Italien sehr gut für Österreich, Nina konnte Sofia Minurri mit 3:2 nach großartigem Tischtennis besiegen. Danach folgten leider drei 2:3 Niederlagen, extrem bitter, vor allem weil Celine in beiden Einzeln Matchbälle hatte. Somit war der Team Bewerb für Österreich vorbei und die Mannschaft wurde 19. von insgesamt 30 Nationen. Nach 6 Tagen EM hat Mariia nur ein Einzel und vier Doppel gespielt. Als österreichische Meisterin in sowohl U13 als auch U15, sowie Ranglistenerste in Österreich, setzt es auch dem Selbstvertrauen zu, wenn man nicht aufgestellt wird und nicht erfährt woran es liegt. Sie gab bei der Vorbereitungswoche in Linz bei jedem Training alles, war auch während der EM vor jedem Match immer perfekt vorbereitet. Sie hätte eigentlich nichts besser machen können, um auf sich aufmerksam zu machen. Dazu lag sie auch noch alleine krank im Bett, während die anderen den Nachmittag für Training für die bevorstehenden Einzel- und Doppelbewerbe nutzen konnten.
Tag 7, Einzel Vorrunden
Ich bekam das Vertrauen, Mariia im Einzel zu betreuen und hätte sie in ihrem Zustand kein Spiel in Österreich bestreiten lassen. Ihre Temperatur war niedriger als am Vortag, aber ich kann nicht bestätigen, dass sie fieberfrei war. Sie wollte verständlicherweise spielen und Jarek meinte, dass sie probieren solle. Die Vorbereitung durfte aber keine Energie kosten und sie spielte nur 15 Minuten vor ihrem EM-Debüt im Einzel gegen Elsa Sander Bornö aus Norwegen ein. Das Spiel wurde live im Internet übertragen und die Nervosität konnte nicht höher sein. Mit gewohntem Kampfgeist konnte sie das Spiel im fünften Satz gewinnen, aber fragt bitte nicht wie, das ersparen wir den Lesern lieber und freuen uns, dass sie unter diesem Umständen in der Lage war zu gewinnen! Das zweite Spiel wäre unter normalen Umständen bestimmt spannend gewesen, als halb Kranke war aber nichts drinnen, 0:3 gegen Veronika Vasylenko aus der Ukraine. Im letzten Spiel ging es gegen Marziyya Nurmatova aus Azerbaijan um den Aufstieg in den Hauptraster. Den ersten Satz hatte sie eigentlich im Griff, verlor aber unglücklich mit 14:12. Es war kein hochklassiges Spiel und leider wurde auch dieses Match im Livestream übertragen. Jeder Ballwechsel wurde mit Husten kommentiert und anstatt wie gewohnt Mariia zu pushen sich zu aktivieren zwischen den Ballwechseln, probierte ich, sie dazu zu bringen, langsam zu gehen und Zeit zu schinden, um Kraft für den nächste Ballwechsel zu haben. Der Kampfgeist und ihr Siegeswillen rettete sie im Spiel und sie wehrte im fünften Satz mehrere Matchbälle ab, bevor die Niederlage doch noch besiegelt wurde. Schade, auch wenn Mariia es unfair fand, zwei Noppenspieler in der Vorrunde gehabt zu haben. Es gab schwerere Vorrunden und sie hatte eine gute Auslosung.
Tag 8, Doppelbewerbe
Das Mixed Doppel mit Patrick Skerbinz war leider schon nach einer Runde gegen Olha Ponko und Mykhailo Lovha vorbei. Mariia wirkte wieder fitter und spielte auch besser als am Tag davor und sie gingen auch mit 2:0 in Führung, konnten also schon einen Satz in der schlechteren Aufstellung gewinnen. Den dritten Satz verloren sie leider 13:11 und danach waren sie zu ungeduldig und machten viele unnötige Fehler 2:3.
Im Mädchen Doppel gingen Julia und Mariia mit 2:0 in Führung, verloren den dritten Satz mit 13:11, danach mit 11:4, aber ich hatte nie das Gefühl, dass sie das Spiel verlieren können. Die Bosnier gingen mit vollem Selbstvertrauen in den Entscheidungssatz, während Julia und Mariia ein wenig mit sich selbst haderten. Erst ab 8:8 kam der unbedingte Siegeswillen bei Julia und Mariia zurück und sie konnten glücklich mit 13:11 die nächste Runde erreichen.
Tag 9, Doppelbewerbe, Heimreise
Lilou Massart aus Belgien und Natalia Gaworska aus Polen sind keine leichten Gegner aber Julia und Mariia spielten sehr gut und verloren zwei Sätze mit nur 2 Punkten Unterschied. Der zweite Satz ging klar verloren. Auf die Doppelbilanz (Mannschaft + Doppel) von 4:2 bei einer Europameisterschaft in der Altersklasse U15 können die erst 11 – Jährige Mariia und 12 – Jährige Julia sehr stolz sein, herzlichen Glückwunsch! Lilou Massart hat später den Einzelbewerb gewonnen und Natalia Gaworska wurde 9. im Einzel und zweiter mit der Mannschaft. Die neun Stunden Heimreise ging wahrscheinlich schnell vorbei für Mariia, sie hat fast die ganze Zeit geschlafen und bekam nur den Autowechsel mit. Bis Györ mit Zhang Jie, bis Fürstenfeld mit Daniel Mitar, bis Murpark mit Marion und danach noch mit den Eltern nach Hause. Das EM Abenteuer in Belgrad war somit beendet und die Finalspiele konnten wir leider nur über den Livestream verfolgen und gratulieren Julian Rzihauschek zu den beiden Bronzemedaillen, „ein Jahr zu früh“. Trotz Mariias starker Verkühlung nehmen wir viel mit und hoffen, dass Mariia trotz harter Konkurrenz in Österreich nächstes Jahr wieder dabei sein darf.